Schauplätze

Freitag, 20. Dezember 2002

Rettung aus der Depression

Der Altar ist aufgestellt. Und es werden wieder Opfer dargebracht. Wie Justitia muss auch der Gott der Synergien blind sein. Er ist blind, weil die Kosten auf seine Sehnerven drücken, nicht, weil er eine Augenbinde trägt. Aber er wurde nicht blind gemacht, weil er gerecht und weise urteilen soll, er muss als blind bezeichnet werden, weil Kurzsichtigkeit nicht als Beschreibung für sein Handeln ausreicht.

Immer haben seine Jünger gesagt, beschäftigt keine externen Dienstleister zu Ungunsten von Festangestellten. Die kosten zu viel und nehmen ihr Wissen nach Vertragsende mit. Dementsprechend wurden sie als Mitarbeiter zweiter Klasse behandelt, wie Sklaven, denen paradoxerweise der Malus eines Ausbeuters anhaftete.

Es gab Zeiten, in denen das Verhalten der Jünger gerechtfertigt schien. Aufträge und Arbeitsplätze gab es genug. Wenn der eine Vertrag auslief, dann hat man halt woanders weitergearbeitet. Wem der Arbeitgeber dumm kam, der hat ihn halt gewechselt. Dann aber kam eine Zeit — ich nenne sie Gegenwart —, in der Aufträge knapp wurden, Dienstleister heruntergehandelt und Verträge ersatzlos gestrichen. Angestellte der Dienstleistungsunternehmen bangten um ihren Arbeitsplatz, Selbstständige (Freiberufler) sahen einer unsicheren Zukunft entgegen, wollten sogar in ein Festangestelltenverhältnis mit dem Unternehmen wechseln, für das sie bislang tätig waren.

Aber: Einstellungsstopp. Rationalisierungsopfer auch unter den internen Mitarbeitern. Wer in dieser Situation Mitarbeiter (interne wie externe) »freisetzte«, die nichts oder nur wenig zum Erfolg des Unternehmens beitragen konnten, dem ist wohl nichts vorzuwerfen. So funktioniert Marktwirtschaft. Wenn aber die eifrigen unter den externen Know-how-Trägern in ein Festangestelltenverhältnis wechseln wollen, um so einerseits zur Qualitäts- und Produktivitätssteigerung der gesamten Mitarbeiterschaft beizutragen, und andererseits durch Vergütungsverzicht zur Kostensenkung, aber nicht dürfen, wie soll sich dann das Unternehmen aus der eigenen Depression retten können?


 
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Resident of Antville  seit 8135 Tagen
zuletzt aktualisiert:
22. Juni 2003, 17:43

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